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Stadtführung "altes Universitätsviertel"

Am 07. Oktober versammelte sich eine Gruppe von Naturfreunden vor dem Denkmal von Dr. Karl LUEGER in der Wiener Innenstadt. Das umstrittene Ehrenmal des rabiaten Antisemiten LUEGER, das immer wieder Anlass zu politischen Kundgebungen ist, war jedoch dieses Mal der Ausgangspunkt einer Stadtführung, die von unserer allseits geschätzten Helene WROBLEWSKI durchgeführt wurde. Helene ist seit vielen Jahren Mitglied bei den Wiener Naturfreunden und gibt ihr umfangreiches Wissen als Fremdenführerin immer wieder an unsere Mitglieder weiter.

Nach der Begrüßung der Teilnehmer ging Helene gleich auf die Person des heute so umstrittenen Politikers und Bürgermeisters LUEGER ein. Sie thematisierte auch die Geschichte der Entstehung des Ehrenmals selbst, das nach Plänen des Bildhauers Josef MÜLLNER gestaltet worden ist. Auch auf das nicht zu übersehende und den Platz verunstaltende Holzgerüst, das in unmittelbarer Nähe zum Denkmal aufgestellt wurde, ging sie ein und erklärte uns, dass diese als „Temporäre Intervention“ bezeichnete Konstruktion vom Künstlerduo Nicole SIX und Paul PETRITSCH entworfen worden ist und am 12. Oktober eröffnet werden soll. Auf bunten Holzsilhuetten soll auf alle auffindbaren Ehren – und Gedenktafeln, Porträtreliefs, Büsten und Denkmäler von Dr. Karl LUEGER hingewiesen werden. In weiterer Folge soll ein Wettbewerb unter nationalen und internationalen KünstlerInnen zur Umgestaltung des Platzes in diesem Kontext ausgeschrieben werden. Nun gingen wir ein paar Schritte weiter, wo beim Abgang zur U-Bahnstation Stubentor Teile der historischen Tor- und Kurtinenmauer, die sich an dieser Stelle befunden haben, wiedererrichtet worden sind. Helene informierte uns über die Geschichte der ehemaligen Stadtbefestigungen von Wien, auf deren Beseitigung und auf die daraufhin folgende Erweiterung der Stadt Wien mit Ausbau der Ringstraße auf dem ehemaligen Glacis vor der Stadtmauer. Auch die damals in unmittelbarer Nähe errichtete Franz Josefs Kaserne wurde thematisiert. Eine Gedenktafel von Balthasar HUBMAIER, der 1528 an dieser Stelle als Ketzer verbrannt worden ist, war der nächste Punkt auf den Helene im Zusammenhang mit der Geschichte der Wiedertäufäufer, Hutterer und Habaner einging. Über die Bäckerstraße gelangten wir nun in die Postgasse Nr. 4a. Dort befindet sich die Dominikanerkirche. Der Zufall wollte es, dass wir diese, auch als Rosenkranzkirche bezeichnete Basilica minor, am 07. Oktober besuchten. Helene erklärte uns, dass genau an diesem Tag im Jahre 1571 die Seeschlacht von Lepanto im Ionischen Meer stattgefunden hat, in der die Streitmacht des Papstes Pius V. einen Sieg über die Osmanen erringen konnte.  Pius V. hatte vor der Schlacht dazu aufgerufen, zur Jungfrau Maria für einen Sieg der Christen über den Islam zu beten.  Seine Nachfolger führten zum Gedenken an diesen Tag das Rosenkranzfest ein. Besonders beeindruckend für mich war in dieser Marienkirche das von Leopold KUPELWIESER gemalte Altarbild und die frühbarocken Deckenbilder des Langhauses über die marianische Thematik.Das alte Universitätsviertel um den Doktor-Ignaz –Seipel-Platz war unser nächstes Ziel. Dort besichtigten wir die Jesuitenkirche. In dieser Barockkirche ging Helene besonders auf die Gegenreformation ein, in der die Jesuiten eine besondere Rolle gespielt haben, auf ihr Interesse an den Naturwissenschaften, ihre große Rolle im Bildungssystem der damaligen Zeit und ihr Wirken in Lateinamerika.  Auch die alte Universität geht auf die Bau-Aktivität des Jesuitenordens zurück wie uns Helene erklärte. Nachdem uns Helene über die Besonderheiten der Jesuitenkirche informiert hatte, wurde von ihr u.a. auch die Geschichte der Errichtung der „Neue Aula“, die seit 1857 Sitz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist und die Errichtung des neuen Hauptgebäudes der Universität an der Ringstraße thematisiert.

Nun gingen wir durch die Sonnenfelsgasse weiter zum Windhaagschen Stiftungshaus in der Bäckerstrasse 9. Das Windhaagsche Stiftungshaus, das mit seinem Arkadenhof sowie verschiedener Inschriften und Wappendarstellungen zu den interessantesten Häusern des Stadtviertels zählte, wurde am 05.11.1944 durch Bomben zerstört. In den 1952 errichteten Neubau wurde das erhalten gebliebene Renaissanceportal in das Stiftungsgebäude integriert. Helene führte uns nun noch durch die Schulerstrasse und Grünangergasse zum Neuberger Hof. Die umliegenden Häuser, die den Hof einsäumen, befanden sich ursprünglich im Besitz des Neuberger Zisterzienserklosters. Dort befand sich auch die Annakapelle nach welcher der Hof auch manches Mal genannt wird. Heute befindet sich das Areal, das im 2. Weltkrieg arg zerstört worden ist, in Privatbesitz. Helene führte uns auch durch das Blutgassenviertel. Dort befindet sich der Fähnrichhof, ein wunderschöner verträumter malerischer Platz inmitten des Häusermeeres von Wien.  Einer Sage nach soll dort der Orden der Tempelritter sein Hauptquartier bezogen haben. Wir gingen nun über Treppen, schmale Durchgänge und enge Gassen zur Pestsäule am Graben. Die Errichtung dieser Dreifaltigkeitssäule verdankt ihr Entstehen einem Gelübde, das Kaiser Leopold I. während der Pestepidemie von 1679 abgelegt hatte. Nachdem uns Helene über die Details der Pestsäule informiert hatte, ging unser Spaziergang durch die Wiener Innenstadt allmählich seinem Ende zu.

Unser aller Dank für die wieder gelungene und überaus interessante Stadtführung gilt unserer fleißigen Helene. Mit Freude erwarte ich schon im neuen Programm der Ortsgruppe Döbling eine weitere Führung dieser Art von ihr.

Bericht von Willi HABITZL

 

Anmerkung von Maria Rehberger:

Wir danken auch Willi Habitzl für seinen umfangreichen und interessanten Bericht!

 

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